morgenstund hat gold im mund

berlin oberbaumbrücke sonnenaufgang

Nachdem die letzten beiden Beiträge aus der Region rund um den Rhein handelten, muss diesmal wieder die Spree-Metropole herhalten. Heute soll es insbesondere um die Mühen gehen, die entstehen, wenn man besondere Momente bzw. besondere Fotos machen möchte. Nun möchte ich meinen Fotos nicht das Prädikat „besonders“ verleihen, vielmehr bin selbst davon überrascht, wie positiv die Resonanz auf Flickr und 500px so war. Demnach steht das Wort „besonders“ in dem Zusammenhang eher dafür, wie „besonders“ positiv das Bild im Netz angekommen ist. Relativiert: für meine Verhältnisse. Grund genug, einfach mal einen Beitrag zu dem Thema zu verfassen.

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Die Foren sind voll davon, oftmals sind gerade Spiegelreflex-Einsteiger ratlos: wie entstehen eigentlich immer diese Landschafts- bzw. Architekturbilder, die beliebige Betrachter so in ihren Bann ziehen? Natürlich frage ich mich das bei meinen „Idolen“ auch immer wieder. Vielerorts erlebt man sogar die naive Leichtgläubigkeit, dass das an der Kamera liegen müsse. Dann geht man ins Fotogeschäft, sucht auf Amazon oder in Foren nach dem richtigen Equipment und kauft sich schlussendlich für viele tausend Euro die beste Kamera plus Objektiv auf Erden verfügbar. Das Problem: technisch kann man am Ende zwar jeden Media-Markt-Mitarbeiter die Nase lang ziehen, die Bilder aber werden nicht besser. Fotografie hat nun mal auch was mit Fleiß zu tun, wie der Stilpirat wortgewandt beschrieben hat.

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Und mit Fleiß meint niemand, rauszugehen und möglichst oft den Auslöser zu drücken. Fleiß heißt unter anderem, sich die Zeit zu nehmen, die notwendig ist, um zu verstehen, was man mit der Kamera eigentlich macht und machen sollte, damit es bergauf geht. Natürlich heißt Fleiß auch, erstmal rauszugehen. Zu fotografieren. Mit der Kamera zu arbeiten, zu spielen, zu experimentieren. Motive nicht unbeachtet auf dem Weg liegen lassen, weil diese nicht wertig genug erscheinen. Fleiß heißt aber auch, Themen zu begegnen, die man vorher nur mit Abstand betrachtet hat. Sich an neue Dinge heranzutasten. Gerade Fotografie-Einstieger unterschätzen beispielsweise das Thema Licht. Und wundern sich dann, warum ihre Bilder nicht die Publikumsreichweite haben, mit der sie gerechnet hatten. Fotografie ist kein Selbstläufer. Leider? Zum Glück.

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Sich den „Arsch“ sprichwörtlich aufzureißen heißt auch, einfach mal auf Schlaf zu verzichten. Also früh aufzustehen. Auf seinen Schlaf sollte man natürlich eher nicht verzichten, aber wenn ich beispielsweise erst nachts aus Bonn in Berlin aufschlage und am nächsten Morgen direkt fotografieren will, bleibt mir nichts anderes übrig. Und wer mich kennt, weiß, dass ich eher nachts aktiv bin als am Morgen. Einfach mal Dinge machen, die unbequem sind. Raus aus der komfortablen Zone. Und ob dann am Morgen die Sonne scheint oder die Wolken das Spiel gewinnen, ist völlig unerheblich. Auf jeden Fall sieht man seine Umgebung in einem völlig anderen Licht. Ob die Straßen nun leerer sind als gewöhnlich oder die Sonne ihre gelben Fangarme auswirft. Es ist anders. Es ist gut. Die Synapsen müssen benutzt werden, um aus anderen Situationen etwas neues zu schaffen.

Gerade wenn die Sonne auf oder unter geht zählt jede Sekunde. Arbeitet der Fotograf mit ND-Filtern, welche die Belichtungszeit erheblich verlängern, so muss der erste Aufnahmeversuch direkt sitzen. Die Stimmung der Sonne und Umgebung verändert sich in Sekundenbruchteilen. Eben noch rote Wolken, so kann die zweite Aufnahme schon wieder völlig anders aussehen. Das hängt natürlich auch immer davon ab, welche Belichtungszeit durch den ND-Filter erreicht werden soll. Und ob der Fotograf Optionen wie „Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung“ aktiviert hat, welche die Aufnahmezeit verdoppelt. Es ist daher ratsam, eine halbe Stunde vor der angepeilten Zeit vor Ort zu sein. Zumindest schadet es nicht.

grafenwerth rhein bonn

Nun hat sich doch wieder ein Bild aus Bonn eingeschlichen. Entstanden in den Morgenstunden auf der Insel Grafenwerth. In dieser Nacht hab ich gänzlich auf Schlaf verzichtet. Die Nacht war kurz – und leider trotzdem anstrengend. Ob es sich gelohnt hat? Nun ja, es geht so. Zwar wurde im Kopfkino ein anderer Film abgespielt, aber im Endeffekt hab ich wieder eine Menge über mich und meine Umgebung kennengelernt. Weiß nun, wie der Hase läuft, wenn die Sonne hier aufgeht. Dass das Siebengebirge den Sonnenaufgang in Bonn nicht unbedingt einfach macht. Egal. Am Ende steht die Erinnerung an den Morgen durch dieses Foto. Warum auch nicht?

Fleiß in der Fotografie zahlt sich meistens nicht innerhalb weniger Stunden oder Tage aus. Der Prozess ist schleichend, aber kontinuierlich. Geduld ist auch so ein Thema bei Neueinsteigern. Nachdem der Erfolg nach wenigen Monaten nicht einsetzt und der Gedanke reift, dass die Idee, Bilder für viele hundert Euro zu verkaufen, kläglich gescheitert sein muss, hört man abrupt mit der Fotografie auf. Das ist natürlich auch ein Weg, seine Probleme zu lösen. Vielleicht nicht der ideale, aber ein Weg. Meister fallen halt selten vom Himmel und Übung macht den Meister. 10 € ins Phrasenschwein.

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Hier noch ein völlig ungewohntes Bild von mir. Auch am frühen Morgen auf der Oberbaumbrücke entstanden. So besonders ist die Aufnahme gar nicht. Aber sie erinnert mich an einen interessanten Vormittag. Und an völlig skurrile Gespräche mit betrunkenen Menschen morgens gegen 6:00 in Berlin. Auch da muss man wahrscheinlich durch. Was bleibt, ist die Erinnerung. Und das macht einen Menschen doch erst zu dem, was er ist.

Bleibt am Ball, macht was neues. Zeichnet euch aus. Macht euch zu dem, was ihr seid!

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